An einem wunderschönen Morgen, als die Sonne ihre warmen Strahlen über das magische Königreich der Farben ausbreitete, bemerkte die 5-jährige Prinzessin Lia etwas sehr Seltsames. Die sonst so leuchtend grünen Bäume sahen plötzlich blass aus, die bunten Blumen wirkten grau, und sogar der tiefblaue Himmel schien langsam seine Farbe zu verlieren.

Lia blinzelte ungläubig und rieb sich die Augen, aber das Bild blieb unverändert. Ihre Neugier war geweckt. Mutig und entschlossen zog sie sich ihren Lieblingsmantel über und machte sich allein auf die Suche nach Antworten.

Sie war noch nicht weit gegangen, als sie eine traurige Stimme seufzen hörte. Verwundert blickte sie nach oben. Direkt über ihr hing ein sprechender Regenbogen, dessen Farben kaum mehr sichtbar waren.

„Was ist denn mit dir passiert?“, fragte Lia besorgt.

„Ein dunkler Schatten stiehlt nach und nach alle Farben im Königreich“, erklärte der Regenbogen traurig. „Schon bald werde ich ganz verschwunden sein.“

„Wir müssen etwas dagegen tun!“, rief Lia entschlossen.

Noch während sie sprach, tauchte eine Wolke auf, die normalerweise fröhlich bunte Regentropfen verstreute. Heute jedoch wirkte sie grau und bedrückt.

„Mir wurde mein bunter Regen genommen“, beklagte sie sich schluchzend.

Lia überlegte nicht lange. „Dann kommt mit mir! Gemeinsam holen wir eure Farben zurück“, sagte sie voller Tatendrang.

Der Regenbogen nickte hoffnungsvoll, und die Wolke lächelte zaghaft. Zu dritt setzten sie ihren Weg fort, entschlossen, das Geheimnis zu lösen.

Bald erreichten sie einen seltsamen, felsigen Hügel. Direkt vor ihnen öffnete sich plötzlich eine Höhle, aus deren Eingang tiefe Dunkelheit drang.

„Ist das etwa das Versteck des dunklen Schattens?“, fragte Lia und spürte, wie ihr Herz schneller schlug.

Der Regenbogen und die Wolke schauten einander an und nickten zögerlich.

Lia atmete tief durch und fasste sich ein Herz. „Dann lasst uns hineingehen und herausfinden, was sich darin verbirgt!“ Vorsichtig betraten Lia, der Regenbogen und die Wolke die Höhle. Es war kühl und dunkel, und ihre Schritte hallten geheimnisvoll von den Wänden wider. Vor ihnen erschien plötzlich eine Wand mit seltsamen Zeichen.

„Wie kommen wir hier nur weiter?“, flüsterte die Wolke ängstlich.

„Schaut mal!“, sagte Lia mutig und deutete auf die Wand. „Hier ist ein Rätsel: Was hat 7 Farben und erscheint nur bei Regen und Sonnenschein?“

„Das bin ja ich!“, rief der Regenbogen überrascht. Kaum hatte er gesprochen, öffnete sich die Wand.

Sie liefen weiter, bis ein 2. Rätsel auftauchte: „Ich fliege hoch am Himmel, mal weiß und mal grau, und weine bunte Tropfen – wer bin ich?“

Die Wolke kicherte aufgeregt: „Oh, das weiß ich! Das bin ich!“ Wieder öffnete sich der Weg.

Schließlich standen sie vor einer großen dunklen Gestalt. Der Schatten sah die 3 Besucher traurig an.

„Warum nimmst du uns allen die Farben weg?“, fragte Lia vorsichtig.

„Weil ich selbst keine Farben habe und niemand mit mir spielen möchte“, antwortete der Schatten einsam.

Lia ging langsam näher. Sie spürte, dass der Schatten nicht böse war, sondern nur einsam. „Wenn du uns unsere Farben zurückgibst, verspreche ich dir, deine Freundin zu sein. Du bist gar nicht alleine!“

Der Schatten sah Lia erstaunt an. „Du möchtest wirklich meine Freundin sein?“

„Natürlich!“, bestätigte Lia herzlich und reichte ihm ihre kleine Hand.

Der Schatten lächelte glücklich, und plötzlich strömten alle Farben zurück: in die Wolke, in den Regenbogen und in die ganze Höhle.

Gemeinsam gingen sie zurück ins Königreich, wo nun wieder alle Farben strahlend leuchteten. Als die Bewohner Lia, ihre neuen Freunde und sogar den dunklen Schatten erblickten, jubelten sie fröhlich. Gemeinsam feierten sie ein großes Fest, tanzten vergnügt und bewunderten die prächtigen Farben.

An diesem Tag lernte Lia, dass wahre Stärke darin liegt, mutig und freundlich zu sein, und dass man zusammen alles schaffen kann – ganz gleich, wie schwierig die Aufgabe auch sein mag.